Kein revolutionärer Schritt, aber eine Anpassung an die Realität

Vor sieben Jahren haben mein Partner und ich entschieden, uns rechtlich abzusichern und eine eingetragene Partnerschaft einzugehen. Wenn wir damals in einem skandinavischen Land, den Benelux-Staaten, Spanien oder Portugal gelebt hätten, hätten wir uns bereits Mann+Mann nennen dürfen. Stattdessen sind wir hierzulande weiterhin «verpartnert» und tragen den Zivilstand «in eingetragener Partnerschaft».
Mit diesem Zivilstand gibt man unfreiwillig in diversen Situationen immer wieder seine sexuelle Orientierung bekannt. Zum Beispiel muss ein Schweizer Arbeitgeber stets den Zivilstand erfassen – hierbei wird meine sexuelle Orientierung automatisch bekannt. Auch wären wir bei einer allfälligen Trennung nicht geschieden, sondern «in aufgelöster Partnerschaft». Nicht dass wir dies vorhätten, dieser Umstand zeigt aber auf, welche für uns störenden Etiketten in der Schweiz weiterhin verteilt werden. Im Übrigen wären wir froh, wenn wir im Güterrecht endlich auch die gleichen Rechte haben dürfen, damit wir einander erbrechtlich optimal begünstigen können. Denn als verpartnertes Paar haben wir nach aktueller Rechtslage kein Recht auf den Güterstand der Gütergemeinschaft.
Bei der Abstimmung zur Ehe für Alle wird es vor allem für lesbische Paare eine Gleichstellung in Bezug auf Witwenrente und Samenspende geben. Und alles was bislang auch für heterosexuelle Paare verboten ist, bleibt natürlich weiterhin verboten. Es werden nicht mehr Rechte eingefordert, wie es von der Gegnerseite fälschlicherweise behauptet wird. Wir wünschen uns schlichtweg nur die gleichen Rechte.
Im Übrigen sind Kinder bei homosexuellen Paaren heute schon Realität. Schätzungsweise 30’000 Kinder wachsen bei gleichgeschlechtlichen Eltern auf. Es existieren unzählige Studien aus Ländern wie der Niederlande und Schweden, die aufzeigen, dass jene Kinder sich genau gleich gut entwickeln, genug männliche und weibliche Bezugspersonen im Umfeld haben und nicht mehr Mobbing ausgesetzt sind. Die Niederlande hat 2001, also vor 20 Jahren, die Ehe geöffnet und entsprechend viele Erfahrungen sammeln können. Ein Ja zur Ehe für Alle ist kein Experiment, auch nicht besonders revolutionär, sondern entspricht einer gesetzlichen Anpassung an die Realität auch in der Schweiz. Einzig in einem Punkt können wir uns, in diesem Fall vom katholischen Irland noch abheben, in dem wir ihre 62.1% Ja bei der Volksabstimmung vom Mai 2015 übertreffen.
Mit Ihrem JA zur Abstimmung «Ehe für Alle» am 26. September wird es für uns auch bald möglich sein «Ja, ich will» sagen zu können und endlich als verheiratet zu gelten. Es würde uns deshalb sehr viel bedeuten, wenn Sie uns mit Ihrem JA unterstützen.

Michael + Francesco De Vita-Läubli

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